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Warum Max Giesinger als Hochzeitssänger nicht glücklich werden konnte


Max Giesinger (u. a. "80 Millionen", The Voice Kids) füllt heute die großen Konzerthallen der Nation, wurde mit Gold und Platin ausgezeichnet und erreicht mit seinen Hits Millionen von Fans. In einem Radiointerview verriet der Sänger im letzten Herbst, dass er vor dem großen Durchbruch unter anderem Auftritte bei Hochzeiten hatte und damit so gar nicht glücklich wurde. 

 

Doch aller Anfang ist schwer, das war auch bei ihm nicht anders. Seine Karriere begann der 29-Jährige nämlich als Hochzeitssänger, wie in der Radio Bremen-Talkshow „3nach9“ verriet – und an diese Zeit hat er nicht nur positive Erinnerungen. „Es gab auch ganz grässliche Momente“, so Giesinger im Gespräch mit Gastgeberin Judith Rakers. „Ich hatte früher eine Textschwäche und konnte mir die Texte einfach nicht merken.“ Einmal habe sich eine Braut einen Song von ihm gewünscht, der perfekt zu ihrer Lebenssituation gepasst habe. Leider saßen die Texte nicht, so dass Giesinger improvisieren musste und den Text nach eigenen Angaben „total verballerte“. „Ich habe irgendein Fantasie-Englisch gesungen. Das war mir sehr, sehr peinlich. Frustrierend empfand Max vor allem auch Hochzeiten, auf denen die Gäste überhaupt keine Wertschätzung für seine Musik aufbrachten (das kennt ja wohl fast jeder). „Manchmal habe ich abends auf der Party vier bis fünf Stunden mit meinem Kumpel zusammen musiziert und es hat einfach niemanden interessiert.“ Er habe in solchen Situationen gedacht: „Die können genauso gut das Radio anmachen. Das hat den gleichen Effekt.“

 

Aus dem Interview wird recht schnell deutlich, dass der beliebte Sänger vor allem deswegen kein Glück als Hochzeitssänger hatte, weil ihm einerseits eine Fähigkeit und andererseits eine entscheidende Einsicht fehlte: 

 

Fehlende Textsicherheit

Auftritte im Rahmen von Zeremonien sind nicht nur für die Besucher und Teilnehmer außergewöhnliche Momente, sondern insbesondere für den auftretenden Künstler. Er findet sich vor einem frontal sitzenden Publikum wieder. Ähnlich wie bei einem Klassik-Konzert kann man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Hinzu kommt bei Hochzeitszeremonien, dass durch die bevorstehende Trauung eine ganz erhebliche Spannung in der Luft liegt. Die Nervosität des Brautpaares und der Angehörigen, die besondere Wichtigkeit dieses einzigartigen Moments, der Höhepunkt einer dramatischen Vorgeschichte - all das überträgt sich kurz vor der Zeremonie auch auf die Anwesenden. Wer einmal einen Bräutigam vor dem Traualtar vor dem Einzug der Braut beobachtet hat, weiß genau, wovon ich spreche. In einem solchen Moment aufzutreten und mit einem Lied, das sich das Brautpaar ausgesucht hat im entscheidenden Moment, z. B. beim Ringwechsel, die Emotionen in Musik festzuhalten und mit den Worten des jeweiligen Liedes Ausdruck zu verleihen, ist eine immense Drucksituation und mit einem Bandauftritt nicht ansatzweise vergleichbar. Der Hochzeitssänger steht alleine frontal vor den Anwesenden. Je nach zeremonieller Situation hängen Brautpaar, Pfarrer und Gäste an seinen Lippen. Jeder Ton und vor allem jedes Wort zählt! Ein Fehler, so menschlich er sein mag, wäre in einer solchen Situation natürlich höchst peinlich. Insofern ist es nur verständlich und sogar sympathisch, wenn Max Giesinger sagt, es sei ihm total unangenehm gewesen, in vergleichbaren Situationen nicht textsicher gewesen zu sein. Der Liedtext drückt die Emotionen des Brautpaares aus. Ein Fehler hierbei ist wohl der Supergau für jeden Hochzeitssänger. 

 

Mangelndes Erkennen der Aufgabe und des Einflussbereichs des Musikers

Ich möchte es noch einmal in Erinnerung rufen:


"Frustrierend empfand Max vor allem auch Hochzeiten, auf denen die Gäste überhaupt keine Wertschätzung für seine Musik aufbrachten (das kennt ja wohl fast jeder). „Manchmal habe ich abends auf der Party vier bis fünf Stunden mit meinem Kumpel zusammen musiziert und es hat einfach niemanden interessiert.“ Er habe in solchen Situationen gedacht: „Die können genauso gut das Radio anmachen. Das hat den gleichen Effekt."


An dieser Stelle ist es gut für Max Giesinger, dass er den Durchbruch auf dem Musikmarkt geschafft hat. Denn als Musiker für die Begleitung exklusiver Events, insbesondere Hochzeiten, hätte er den Beruf wohl verfehlt. Zunächst ist es nicht die Aufgabe der Gäste, Wertschätzung für einen bei einem Event anwesenden Musiker zu zeigen. Es ist vielmehr die Aufgabe des Musikers, den Gästen den jeweiligen Event so angenehm wie möglich zu machen. Ein anderweitiges Selbstverständnis führt nicht nur zu eigener Frustration, sondern verkennt völlig die Aufgabenstellung des Musikers als Dienstleister bei einem Event. Nehmen wir die Situation bei einem Sektempfang: Primäres Ziel hinsichtlich der Atmosphäre dürfte sein, sicherzustellen, dass die Gäste sich gut unterhalten können, dass es sich kurzweilig anfühlt, dass die Stimmung leicht und kommunikativ ist. Ein akustisch nach vorne drängender Musiker würde hier ebenso stören wie eine Kommunikationspause zum regelmäßigen Beifall nach jedem Lied. Nehmen wir die Situation beim Dinner. Auch hier dient die Musik der Gestaltung eines Rahmens, der einerseits regelmäßig die Exklusivität des Dinners betonen und andererseits die Möglichkeit zur Kommunikation bei gleichzeitiger dezenter Unterhaltung durch die Musik herstellen soll. Keine leichte Aufgabe! Völlig verfehlt wäre insofern die Erwartung des Musikers, die Gäste würden bei jedem oder bei jedem zweiten Stück oder überhaupt regelmäßig applaudieren. Hierzu müssten Gespräche unterbrochen, Besteck aus der Hand gelegt und Anfang und Ende des jeweiligen Musikstück als prioritär wahrgenommen werden. Hierunter würde die eigentliche Zielsetzung der musikalischen Begleitung des Dinners offensichtlich leiden. 

Es ist auch nicht zutreffend, wenn Max Giesinger meint, die Gäste hätten ihn bei derartigen Auftritten gar nicht wahrgenommen. Es handelt sich allerdings um eine andere, eher indirekte Wahrnehmung, die nicht bei jedem Künstler für Begeisterung sorgt. Sie wird insbesondere in den Momenten bewusst, in denen die Musik nicht spielt. Regelmäßig kommen zu diesen Gelegenheiten Gäste bei Veranstaltungen zu mir und bedanken sich für die schöne Musik oder möchten zum Ausdruck bringen, dass sie diese bislang sehr genossen haben. Jeder Musiker, der bei Events auftritt, sollte sich auch der besonderen Macht bewusst sein, die er auf die Wahrnehmung des Events durch die Gäste und seine Kunden hat. Die Musik, ob bewusst oder nur unterbewusst wahrgenommen, beeinflusst jeden Einzelnen im Hörbereich ganz erheblich.  


 

Mein Fazit

Zufriedene Gastgeber, glückliche Gäste, eine gelungene Veranstaltung und das ein oder andere Lob ist die größte Anerkennung, die man bei solchen Gelegenheiten haben kann. Stürmischer Applaus ist da zwar zugegeben eher selten. Wer den sucht, muss dann allerdings auch das Glück haben, die großen Hallen der Nation zu füllen. Hierbei wünsche ich Max Giesinger weiterhin viel Erfolg!

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